2.1 Herkunft

Der Prozessgedanke ist heute absolut dominant in der Wahrnehmung der Organisationswirklichkeit. Wie kam es dazu? Wie war die Betrachtung des betrieblichen Geschehens / der Geschäftstätigkeit vor dem Aufkommen des Prozessgedankens? Denn natürlich gab es da auch schon Geschäftsprozesse.

Ganz am Anfang war Frederick Taylor, der den Taylorismus begründete. Er beschreibt die Aufteilung der im Unternehmen anfallenden Aufgaben nach funktionalen Kriterien. Diese Form der Aufgabenteilung prägt bis heute die Gestaltung der Aufbauorganisation vieler Organisationen. Dabei werden gleichartige Aufgaben in Stellen zusammengefasst, die wiederum in unterschiedlichen Abteilungen organisiert sind. Im Mittelpunkt standen also Stellen und Abteilungen, betriebliche Abläufe wurden nur selten strukturiert geplant und modelliert.

Taylor

Die folgende Abbildung illustriert dies am Beispiel eines Industrieunternehmens mit einer sog. Managementpyramide. Hier ist (senkrecht) die Aufteilung in typische Funktionsbereiche angedeutet und gleich auch noch - weil wir das später benötigen - (waagrecht) eine Einteilung nach der Art der unterstützten Managementaufgabe. Die Abbildung fokussiert auf Industrieunternehmen. Natürlich ist sie aber auch auf jeden anderen Wirtschaftsbereich anwendbar.

Diese Managementpyramide ist schon sehr früh in der Organisationslehre präsent. Vgl. die frühen Ausgaben der Standardwerke von Mertens und Scheer (18. Auflage: [Mertens 2013] und (7. Auflage: [Scheer 1997]). Mit ihr wird die typische Aufteilung in Funktionsbereiche angedeutet und zusätzlich die Aufteilung nach unterschiedlichen Managementaufgaben (vgl. die Abschnitte 2.4, 2.5). Dies hat in jüngster Zeit angesichts der Automatisierung von Geschäftsprozessenwieder an Bedeutung gewonnen, da sich (natürlich) nur bestimmte Aufgaben automatisieren lassen (vgl. Kapitel 21).

Die Pyramidenform kommt daher, weil "von unten nach oben" Informationen immer verdichteter werden und weil typischerweise die Anzahl der mit der jeweiligen Aufgabe befassten Personen immer mehr abnimmt.

Einen frühen Hinweis auf die prozessartige Struktur des betrieblichen Geschehens gab Nordsieck [Nordsieck 1932, 1934], der schon in den 1930-er Jahren ein prozessorientiertes Verständnis einer Organisation formulierte:

„Der Betrieb ist in Wirklichkeit ein fortwährender Prozess, eine ununterbrochene Leistungskette“ [Nordsieck 1932, S.77].

Dies erlangte damals aber keine Wirkung. Wissenschaftler, die dem Objekt des betrieblichen Prozesses Aufmerksamkeit haben zukommen lassen, finden sich dann auch in der frühen Organisationslehre (vgl. [Kosiol 1970]). Allerdings nur in der theoretischen Diskussion, nicht in der Praxis.

Von Stellen und ihren Aufgaben zu Prozessen

Dies war so in den Anfangsjahren der Organisationslehre und bis in die 1960-er Jahre hinein. Die Optimierungsbemühungen konzentrierten sich auf einzelne Tätigkeiten, ihre Stelleninhaber und die Einbettung der Tätigkeiten in die Abläufe. Danach kam der Geschäftsprozessgedanke auf. Mit dem Konzept des Geschäftsprozesses veränderte sich die Perspektive. Jetzt standen längere zusammenhängende Folgen von Tätigkeiten, die zur Erledigung einer größeren Aufgabe nötig sind, im Mittelpunkt der Betrachtungen. Unter Umständen sogar eine Folge von Tätigkeiten, die in Bezug auf das betrachtetet Unternehmen abgeschlossen ist. Das ist auch heute noch der Stand der Technik. Die meisten Bemühungen, die Abläufe in den Unternehmen effektiver und effizienter zu gestalten, starten mit einer Analyse der Geschäftsprozesse und deren Optimierung.

Geschäftsprozess­gedanke

In der folgenden Abbildung sind Geschäftsprozesse durch gestrichelte Pfeillinien angedeutet. Betrachten wir zuerst die waagrechte. Hier soll die Linienführung auch darauf hinweisen, dass die Überwindung der Abteilungsgrenzen einer der starken Impulse in Richtung Prozessorientierung war. Während jede funktionsorientierte Betrachtung sich automatisch an den Abteilungsgrenzen orientiert, sollte dies beim Prozessgedanken nicht mehr der Fall sein.

Solche waagrechten Linien, die Prozesse darstellen, hätte man natürlich auch in den Ebenen darüber einzeichnen können. Auch dort werden Geschäftsprozesse realisiert.

Die senkrechte gestrichelte Linie weist darauf hin, dass es auch Geschäftsprozesse über die Ebenen der Managementaufgaben hinweg gibt. Diese sind, wenn der Prozess "von unten nach oben" verläuft, oft mit Daten verbunden, die entlang des Prozesses weitergereicht und verarbeitet werden.


Abbildung 2.1-1:

Schnittstellen in die Außenwelt und ihre Bewältigung durch die Prozessmodellierung.
Quelle: Aufbauend auf [Scheer 1997, S. 5].

2.2 Grundbegriffe

Das Geschäftsprozessmanagement, wie wir es heute kennen, baut auf den Vorarbeiten der Organisationslehre auf. In diesem Abschnitt werden einige Begriffe erläutert, die für die weiteren Ausführungen unabdingbar sind.

Kunden werden bei der Betrachtung von Geschäftsprozessen in zwei Gruppen unterteilt: in externe und interne Kunden. Externe Kunden sind die tatsächlichen oder potenziellen Abnehmer der angebotenen Leistungen. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Endkunden, welche die Produkte oder Dienstleistungen selbst nutzen bzw. anwenden, wie bei Haushaltsgeräten, PCs oder Automobilen. Interne Kunden stammen aus dem eigenen Unternehmen, sie werden auch unternehmensinterne Auftraggeber [Stahlknecht und Hasenkamp 2005, S. 206] genannt. Z.B. hat die IT einer Organisation die übrigen Beschäftigten als interne Kunden.

Externe Kunden, interne Kunden

Geschäftsprozesse haben statische Elemente z.B. die benutzten Datenbestände [Anmerkung] und dynamische. Letztere sind die Tätigkeiten, die in Geschäftsprozessen erledigt werden. Sie werden Aufgaben oder auch Funktionen genannt. Geschäftsprozesse bestehen - sehr vereinfacht ausgedrückt - aus solchen zielgerichteten aneinandergereihten Tätigkeiten, aus Tätigkeitsfolgen also. Diese Unterscheidung ist prägend für die Betrachtung der Unternehmensrealität. So gibt es typischerweise ein Datenmodell (oder mehrere) und ein Prozessmodell und die evtl. gekaufte ERP-Software beruht wesentlich auf einer Datenbank und einer Prozesssoftware, jeweils mit zugrundeliegenden Modellüberlegungen.

Statische und dynamische Elemente

Detaillierungsebenen, Aggregationsniveaus

Eine wichtige Eigenschaft von Aufgaben ist, dass sie auf unterschiedlichen Detaillierungsebenen betrachtet werden können. Man kann sie zusammenpacken (aggregieren) oder auch detaillieren. Und dies auf mehreren Stufen, u.U. bis zu der Ebene, wo sich der gesamte Unternehmenszweck in einer einzigen Aufgabe findet (z.B. „Wertschöpfung erzielen“). Im Geschäftsprozesskontext stellen die sog. Elementaraufgaben die unterste Ebene dar, die Bullinger/Fähnrich als

„... entweder nicht weiter zerlegbare oder auf der betreffenden Beschreibungsebene nicht weiter zerlegte Aufgaben“

bezeichnen [Bullinger und Fähnrich 1997, S. 41]. Mehrere solche Elementaraufgaben werden dann in einer Aufgabe zusammengefasst. Wir übernehmen folgende Definition, die auch auf die selbstverständliche Erwartung eines Ergebnisses und auf die Durchführbarkeit durch Menschen oder Maschinen hinweist [Österle 1995, S. 45]:

Definition: Aufgabe

Eine Aufgabe ist eine betriebliche Funktion mit einem bestimmbaren Ergebnis. Sie wird von Menschen und/oder Maschinen ausgeführt.

Jede Aufgabe, z.B. eine Angebotserstellung, kann noch weiter zerlegt werden, z.B. in aktuelle Preise ermitteln, Arbeitsschritte klären, Auftragspositionen kalkulieren, usw. Dies kann man bis auf die tayloristische Ebene treiben, wo es dann um Handhabungen geht. Soll die Prozessbeschreibung in das Anforderungsmanagement der Entwicklung einer prozessorientierten Software einfließen, kann bei den durch die IT realisierten Abschnitten noch weiter zerlegt werden, bis auf die Konstrukte, die für die Programmierung gebraucht werden. Dies wird als Detaillierung bezeichnet.

Vorgänge

Der erste Schritt von einzelnen Aufgaben zu einer sequenziellen Folge von Aufgaben wird mit der Definition von Vorgängen gemacht. Mit Bullinger/Fähnrich sind Vorgänge

Definition: Vorgang

„Abfolgen von Tätigkeiten, die zur Realisierung von Aufgaben ausgeführt werden.“ [Bullinger und Fähnrich 1997, S. 19]

Ganz ähnlich Scheer, der einen betriebswirtschaftlichen Vorgang wie folgt definiert:

„Ein Vorgang ist ein zeitverbrauchendes Geschehen, das durch ein Startereignis ausgelöst und durch ein Endereignis abgeschlossen wird. Einem Vorgang können in Abhängigkeit von Vorgangsergebnissen unterschiedliche Ablaufverzweigungen, auch Rücksprünge, folgen.“ [Scheer 1998a, S. 20]

Workflow

Standardisierbare Vorgänge (vgl. Kapitel 5) in Unternehmen werden auch als Workflow bezeichnet. Sie lassen sich mit [Bullinger und Fähnrich 1997, S. 19] auf der Basis der obigen Ausführungen mit vier Kategorien beschreiben:

  • Ereignisflüsse steuern die Aktivierung von Aufgaben in Abhängigkeit von auftretenden Ereignissen. Sie bewirken damit Zustandsänderungen im Geschäftsprozess.
  • Daten- bzw. Objektflüsse modellieren Eingangsinformationen oder -objekte, die zur Aufgabenausführung benötigt werden. Weiterhin modellieren sie die Verwendung der Resultate in nachfolgenden Aufgaben.
  • Aufgabenträger repräsentieren Stellen einer Organisation und bearbeiten Aufgaben.
  • Ressourcen sind Materialien oder Betriebsmittel, die zur Aufgabenausführung benötigt werden. Dies können auch Aufgabenträger sein.

Funktion

In der Prozessdiskussion wie auch in der konkreten Prozessmodellierung wird mit Funktion ein weiterer Begriff benutzt, der weitgehend mit dem Aufgabenbegriff übereinstimmt, der aber stärker auf die Modellierungsumgebung Bezug nimmt. Mertens versteht unter einer Funktion eine Tätigkeit

Definition: Funktion

"..., die auf die Zustands- oder Lageveränderung eines Objektes ohne Raum- und Zeitbezug abzielt. Eine Funktionsbezeichnung besteht aus zwei Komponenten, einem Verb (Verrichtung) und einem Substantiv (Objekt), auf das sich dieses Verb bezieht (z.B. "Bestellgrenze ermitteln")." [Mertens 2013, S. 41]

Mit Objekten sind hier betriebswirtschaftlich relevante Objekte bzw. Geschäftsobjekte (Business Objects) gemeint. Dieser Objektbegriff stimmt weitgehend (bei den meisten Autoren allerdings unausgesprochen bzw. unbewusst) mit dem allgemeinen Objektbegriff der objektorientierten Analyse überein. Es handelt sich immer um Informationsträger (z.B. eine Rechnung) mit Eigenschaften (Attributen) und einem Verhalten (bzw. zulässigen Veränderungen). Z.B. um Rechnungen mit Attributen wie Rechnungsnummer, Rechnungsdatum, Rechnungsempfänger, usw., die bezahlt oder storniert werden können.

2.3 Definitionen

Doch nun zur Definition von Geschäftsprozessen. In der Literatur wird der Begriff intensiv diskutiert (vgl. beispielhaft [Keller und Teufel 1997, S. 153ff], [Hess 1996, S. 9ff], [Becker und Vossen 1996], [Rump 1999, S. 18f], [Staud 2001/2006/2014] und die dort angegebenen weiteren Verweise und die folgenden Zitate). Einige wichtige Definitionen werden hier angeführt. Dabei wird auch deutlich, dass die Autoren den Gegenstand unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten, die auch im weiteren Verlauf von Bedeutung sind.

Die meisten Autoren bauen, direkt oder indirekt, auf dem wegweisenden Buch von Davenport auf [Davenport 1993]. Für ihn ist ein Prozess eine zeitlich und räumlich strukturierte Menge von Aktivitäten mit einem Anfang und einem Ende sowie klar definierten Inputs und Outputs. Zusammenfassend formuliert er kurz und knapp: „A structure for action." ([Davenport 1993, S. 5], zitiert nach [Gaitanides 2012, S. 54f])

Hammer und Champy, die Begründer der Reengineering-Tradition, definieren einen Geschäftsprozess "... als Bündel von Aktivitäten, für das ein oder mehrere unterschiedliche Inputs benötigt werden und das für den Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugt.“ [Hammer und Champy 1995, S. 52]

Hess definiert, ausgehend von einer systemorientierten Organisationslehre und der Zerlegung einer Organisation in die Subsysteme Aufbauorganisation, Ablauforganisation (vgl. Glossar) und Informationssystem einen Prozess

Hess

Definition: Geschäftsprozess

"... als ein Subsystem der Ablauforganisation, dessen Elemente Aufgaben, Aufgabenträger und Sachmittel und dessen Beziehungen die Ablaufbeziehungen zwischen diesen Elementen sind." [Hess 1996, S. 13]

Er gibt damit auch einen deutlichen Hinweis auf das Konzept des Kontrollflusses. In seiner umfassenden Darstellung zahlreicher Methoden des Business Reengineering gibt er bei fast jeder die jeweils benutzte Prozessdefinition an [Hess und Brecht 1996]. Hier finden sich auch zahlreiche Hinweise auf die bei den Beratungsunternehmen benutzten Begriffe und Definitionen.

Zahlreiche Definitionen zu Geschäftsprozessen führt auch [Rump 1999, S. 18f] an. Er selbst definiert, bezugnehmend auf die Unternehmensziele, wie folgt:

Rump

Definition: Geschäftsprozess

Ein Geschäftsprozess ist eine zeitlich und sachlogisch abhängige Menge von Unternehmensaktivitäten, die ein bestimmtes, unternehmensrelevantes Ziel verfolgen und zur Bearbeitung auf Unternehmensressourcen zurückgreifen. [Rump 1999, S. 19]

Keller und Teufel berücksichtigen neben den externen auch die internen Kunden. Für sie ...

Keller und Teufel

Definition: Geschäftsprozess

... beschreibt ein Geschäftsprozess alle Aktivitäten, mit deren Durchführung eine angestrebte Leistung bzw. Soll-Leistung durch Aufgabenträger erstellt wird, die an externe Kunden (Hauptprozesse) oder interne Kunden (Serviceprozesse) übergeben wird und für diesen einen Wert darstellt. [Keller und Teufel 1997, S. 153]

Sie weisen damit auf die Unterscheidung von externen und internen Kunden hin und führen auch gleich die Unterscheidung von Haupt- und Serviceprozessen ein.

Scheer stellt die zu erbringende Leistung in den Vordergrund:

Scheer

Definition: Geschäftsprozess

Ein Geschäftsprozess ist "... eine zusammengehörende Abfolge von Unternehmungsverrichtungen zum Zweck einer Leistungserstellung. Ausgang und Ergebnis des Geschäftsprozesses ist eine Leistung, die von einem internen oder externen Kunden" angefordert und abgenommen wird." [Scheer 1998a, S. 3f]

Mertens definiert, aufbauend auf seinem oben eingeführten Funktionsbegriff, Prozesse als eine Abfolge von Funktionen mit definierten Anfangs- und Endpunkten:

Mertens

Definition: Geschäftsprozess

Eng verwandt mit dem Begriff Funktion ist der Begriff Prozess. Ein Prozess entsteht aus einer Folge von einzelnen Funktionen (Funktionsablauf) und weist einen definierten Anfangspunkt (Auslöser des Prozesses) sowie Endpunkt (Endzustand) auf. [Mertens 2013, S. 43]

Ganz ähnlich Becker und Vossen. Sie definieren einen Geschäftsprozess als

Becker und Vossen

Definition: Geschäftsprozess

... die inhaltlich abgeschlossene zeitliche und sachlogische Abfolge von Funktionen, die zur Bearbeitung eines betriebswirtschaftlich relevanten Objekts notwendig sind. [Becker und Vossen 1996, S. 19]

Der Objektbegriff deckt sich mit dem, was auch Geschäftsobjekt genannt wird. Allerdings gehen diese Autoren von einem einzelnen (betriebswirtschaftlich relevanten) Objekt aus, das den Prozess prägt.

Einige weitere Aspekte betont Gadatsch:

Gadatsch

Definition: Geschäftsprozess

Ein Prozess ist eine sich regelmäßig wiederholende Tätigkeit mit einem definierten Beginn und Ende. Er verarbeitet Informationen (Input) zu zielführenden Ergebnissen (Output) und ist in der Regel arbeitsteilig organisiert. Er kann manuell, teilautomatisiert oder vollautomatisiert ausgeführt werden. [Gadatsch 2015, Pos. 139]

Bezüglich der Regelmäßigkeit ist das "Gegenstück" ein Projekt, welches in seiner spezifischen Ausprägung nur einmal stattfindet.

Einige Autoren unterscheiden zwischen Prozess und Geschäftsprozess (vgl. z.B. [Becker und Vossen 1996, S. 18f], [Schmelzer und Sesselmann 2013]). Schmelzer/Sesselmann verstehen dann unter einem Prozess, unter Berufung auf ISO 9000:2005, eine Folge von Aktivitäten, "... die aus definierten Inputs definierte Outputs erzeugen" [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 51]. Dies lässt, so die Autoren, "Ziel, Anstoß, Reichweite, Inhalt, Struktur sowie Ergebnisse und Empfänger der Ergebnisse des Prozesses offen" [ebenda].

Prozess vs. Geschäftsprozess

Deshalb definieren sie Geschäftsprozesse als Prozesse, die diesbezüglich näher festgelegt sind. Für die Eingabe setzen sie die Anforderungen von Kunden, die Aktivitäten werden als wertschöpfende Aktivitäten spezifiziert und das Ergebnis wird als Leistungen für Kunden definiert. Geschäftsprozesse sind dann …

Definition: Geschäftsprozess

... wertschöpfende Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und die aus der Geschäftsstrategie und den Geschäftszielen abgeleiteten Prozessziele erfüllen. [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 51]

Definiert man so, kann man zu Aussagen kommen wie:

"Nicht wertschöpfende Aktivitäten stellen Verschwendung dar. Ziel von Geschäftsprozessen ist es, alle Aktivitäten zu eliminieren, die aus dem Blickwinkel der Kunden keinen Nutzen und Wert haben." [ebenda, S. 53]

und

"Geschäftsprozesse beginnen und enden bei Kunden" [ebenda]

Dies ist eine sehr spezifische Sicht, die bei der Lektüre der entsprechenden Fachliteratur bedacht werden muss.

Für Gaitanides besteht ein Prozess aus einer …

Gaitanides

Definition: Geschäftsprozess

… "Abfolge voranschreitender Aktivitäten, d.h. Arbeitsschritten bzw. Transformationen materieller oder immaterieller Art innerhalb einer Organisation", die von Ereignissen ausgelöst und beendet werden und die für den Adressaten ein Ergebnis von Wert darstellen [Gaitanides 2012, S. 4].

Er gibt weitere wichtige Hinweise, indem er auf den Routineaspekt von Geschäftsprozessen hinweist [ebenda, S. 5] und betont, dass Geschäftsprozesse sich nicht durch individuelle, sondern durch kollektive Könnerschaft auszeichnen (S. 5).

Er weist im Übrigen auch darauf hin, dass sich die Autoren dieses Themengebietes in zwei Gruppen aufteilen lassen. Die an Hammer/Champy anknüpfende "Reengineeringtradition", deren Hauptschwachpunkt, "die Bezugnahme auf den erfolgreichen Einzelfall" er auch gleich mitanführt [Gaitanaides 2012, S. 6] und die Vertreter des Engineering-Ansatzes, die durch ihre ingenieurwissenschaftliche Herangehensweise geprägt sind. Bei diesen vermutet er ein "mechanistisches Organisationsverständnis". [ebenda, S. 7]

Er selbst betont, dass Prozesse "soziale Konstruktionen und subjektive Modelle zugleich" sind [ebenda]. Damit ist für ihn Prozessorganisation "nicht ein an einer Rezeptur oder an einem Referenzmodell festzumachendes organisatorisches Design, sondern eine kollektiv erzeugte und mithin sozial konstruierte Realität." [ebenda].

Damit sind alle wichtigen Definitionsmerkmale von Geschäftsprozessen genannt, Fassen wir, aufbauend auf der Liste von [Staud 2014, S. 10], zusammen:

(Ziel)

  • Geschäftsprozesse haben ein Ziel (oder auch mehrere), das sich aus den Unternehmenszielen ableitet.
  • Das globale Ziel ist die Herbeiführung einer Wertschöpfung (bei Unternehmen) bzw. die möglichst effektive und effiziente Aufgabenerledigung (bei sonstigen Organisationen).

(Umsetzung der Ziele)

  • Zur Erreichung der Ziele werden u.a. betriebswirtschaftliche Objekte (Geschäftsobjekte) bearbeitet. Entweder direkt oder über digitale Repräsentationen.
  • Geschäftsprozesse benötigen zu ihrer Realisierung Informationsträger aller Art.
  • Sie nutzen für die Erfüllung der Aufgaben Unternehmensressourcen.

(Aufbau)

  • Die Gesamtaufgabe eines Geschäftsprozesses kann in Teilaufgaben zerlegt werden (im Extremfall kann ein Geschäftsprozess auch aus nur einer Aufgabe bestehen).
  • Geschäftsprozesse bestehen aus dem strukturierten Ausführen von Aufgaben entlang eines Kontrollflusses, mit einem Anfang und einem Ende.
  • Sie sind durch Ereignisse strukturiert, zu Beginn, am Ende und zwischendurch.
  • Sie haben klar definierte Inputs und Outputs.
  • Die Aufgaben werden von Aufgabenträgern wahrgenommen, die Inhaber von Stellen sind, die wiederum in Organisationseinheiten gruppiert sind.

(Art der Erledigung)

  • Die Aufgaben werden entweder manuell, teil-automatisiert oder automatisiert erfüllt. Der Trend geht in Richtung einer immer größeren Automatisierung.

(Eigenschaften)

  • Ein Geschäftsprozess liegt oft quer zur klassischen Aufbauorganisation, d.h. er tangiert u.U. mehrere Abteilungen.
  • Geschäftsprozesse "bedienen" interne und externe Kunden. Diese fordern die zu erbringende Leistung an.
  • Viele Geschäftsprozesse bestehen aus sich regelmäßig wiederholenden Tätigkeiten.
  • Geschäftsprozesse sind auch soziale Konstruktionen. Menschen wirken in ihnen zusammen.

(IT-Unterstützung)

  • Geschäftsprozesse werden durch die IT der Organisation unterstützt. Der Trend geht hier zu einer immer umfassenderen Unterstützung.

Fasst man dies zusammen und ergänzt es um eigene Erfahrungen, kommt man zur folgenden Definition von Geschäftsprozessen, die wir hier zugrunde legen:

Definition: Geschäftsprozess

Ein Geschäftsprozess besteht aus einer zusammenhängenden, abgeschlossenen Folge von Tätigkeiten, die zur Erfüllung eines Organisationsziels notwendig sind. Die Tätigkeiten werden von Aufgabenträgern in organisatorischen Einheiten oder Programmen unter Nutzung der benötigten Produktionsfaktoren geleistet. Unterstützt wird die Abwicklung der Geschäftsprozesse durch die IT der Organisation.

Geschäftsprozesse leisten somit die Transformation von beschafften Produktionsfaktoren in verkaufte Produkte bzw. Dienstleistungen (vgl. für diesen produktionstheoretischen Ansatz [Porter 1992a,b]).

Kontrollfluss, Sequenzfluss

Oben wurde ausgeführt, dass Geschäftsprozesse aus dem strukturierten Ausführen von Aufgaben bestehen. Die dabei entstehenden Abfolgen werden Kontrollfluss genannt. Er regelt, wie die Aufgaben aufeinander folgen, wie verzweigt wird, welche Ergebnisse erzielt werden sollen, usw. Die Basis dafür sind Regeln:

Kontrollfluss

"Regeln bilden die Grundlage für das Gestalten von Prozessen und darüber hinaus für prozesskonformes Handeln. Prozesse verwirklichen sich als regelgeleitete Aktivitäten" [Gaitanides 2012, S. 3).

Ein wichtiger Aspekt dieser Regeln ist der sog. Kontrollfluss, bei den Autoren der BPMN (vgl. Kapitel 14) Sequenzfluss.

Sequenzielle Struktur

Die Nutzung des Begriffs Geschäftsprozess geht damit von der Vorstellung einer sequenziellen Struktur der Abläufe in Unternehmen aus (so auch [Mischak 1997, S. 5] und - unausgesprochen - die meisten einschlägigen Autoren). Aber nicht nur. Wesentlich ist auch die oben angesprochene abgeschlossene Folge von Tätigkeiten, also nicht das Schreiben des Angebots, die Erstellung der Kalkulation oder die Klärung offener Fragen mit dem Kunden, sondern z.B. die Angebotserstellung als Ganzes, weil dadurch die damit verbundene neue Sichtweise auf das Unternehmensgeschehen verdeutlicht wird.

Die sequentielle Grundstruktur liegt allerdings nicht immer vor. Es gibt Geschäftsprozesse, denen diese Eigenschaft fehlt oder bei denen man diese nicht erheben will. Z.B. kreative Prozesse. Vgl. dazu Abschnitt 3.4.

Ereigniskonzept

Oben in der Liste der Eigenschaften wurde es schon deutlich: Ereignisse sind ein wichtiges Element von Geschäftsprozessen. Sie steuern sozusagen den konkreten Ablauf ("Auftrag annehmen/ablehnen"). Es herrscht auch Einigkeit darüber, dass Geschäftsprozesse durch ein auslösendes Ereignis, wie z.B. einen erteilten Kundenauftrag, ausgelöst werden (Startereignis) und auch durch Ereignisse beendet werden ("Auftrag ausgeliefert"). Zwischendurch regeln Ereignisse den konkreten Fortgang, z.B. bei der Prüfung einer Machbarkeit ("geht / geht nicht").

Hier erkennen wir den Grund, weshalb Ereignisse / das Ereigniskonzept eine so große Rolle spielen bei der Betrachtung, Analyse und Modellierung von Geschäftsprozessen. Eigenschaften sind nun mal zentraler Bestandteil von Aktivitäten (menschlichen oder softwaregestützten) und müssen deshalb hier mit betrachtet werden.

Routine, Standardisierbarkeit

Wir kennen es aus unserer beruflichen Erfahrung. Viele Geschäftsprozesse werden als Routine empfunden. Sie wiederholen sich und stellen jedesmal dieselben Aufgaben. Sie sind manchmal lästig, wenn man sie zu oft abwickeln muss, manchmal aber auch wohltuend, weil sie in der Regel wohlstrukturiert und beherrschbar sind. Solche Geschäftsprozesse sind standardisierbar (vgl. Kapitel 4) und können auch durch die IT unterstützt oder sogar vollautomatisch abgewickelt werden. Die anderen Prozesse, die "chaotischen" / kreativen (vgl. Abschnitt 3.4) entziehen sich dieser Erfassung und Umsetzung.

Kundenorientierung

Ein weiterer Aspekt verdient besondere Beachtung. Geschäftsprozesse sollen sich, so wird gefordert, an den Kundenwünschen orientieren. Direkt (bei den Kernprozessen) oder indirekt (bei zuliefernden Prozessen oder Supportprozessen). Dies ist erst mal vernünftig, muss aber hinterfragt werden. Vgl. dazu Abschnitt 3.1 ("Potentielle Kunden)".

Überwindung von Organisationsgrenzen

Geschäftsprozesse wurden bewusst so gesehen, dass sie die Grenzen organisatorischer Einheiten überschreiten. Das war eines der Motive bei der Entwicklung des Prozessgedankens: Die Organisationsbrüche (Probleme bei der Abwicklung der Geschäftsprozesse an den Grenzen organisatorischer Einheiten, z.B. Abteilungsgrenzen) sollten überwunden werden. Trotzdem gibt es in den meisten Organisationen weiterhin eine Aufbauorganisation und diese hat ja weiterhin ihre Berechtigung. Zurückgefahren auf wenige Reste (Zentralsekretariat, Personalwesen, ...) ist die Aufbauorganisation lediglich in Unternehmen mit einer ausgeprägten Projektorganisation.

Aufgabenträger

Träger der durchzuführenden Aufgaben waren zu Beginn der Zeit intensiverer Prozessbetrachtungen (1970-er Jahre) Personen auf Stellen und in Abteilungen. Das blieb so und wurde so auch in Prozessmodellen erfasst. Nach und nach ergab es sich aber, dass immer öfter Programme einzelne Aufgaben abwickelten, die Geschäftsprozesse also durch "die IT unterstützt" wurden, wie man dann sagte. Später wurden dann viele und immer mehr Prozesse voll automatisiert (vollkommen durch Programme realisiert) , z.B. bei den Internet-Unternehmen. Dies muss, will man die aktuelle Situation des Geschäftsprozessmanagements betrachten, berücksichtigt werden.

Subjektivität 1 - Detaillierungsgrad

Es gibt subjektive Faktoren bei der Erfassung und später auch bei der Modellierung von Geschäftsprozessen. Der erste betrifft die Zerlegung der Gesamtaufgabe ("Angebot erstellen") in Teilaufgaben. Durch diese entsteht Subjektivität - es kann mehr oder weniger zusammengefasst bzw. zerlegt werden. Ausgehend von tayloristischen Handlungen bis zur Gesamttätigkeit der Organisation.

Dies ist nicht immer ein Fehler derjenigen, die den Prozess erfassen, weil sie nicht zwischen Funktion und Prozess unterscheiden können oder weil sie eine bestimmte Prozessebene nicht einhalten können. Es kann auch gewollt sein: Die Erfassung wird da detailliert, wo man eine bestimmte nicht effiziente Prozesssituation klar herausarbeiten möchte und dort weniger detailliert, wo es nur darum geht, den Gesamtzusammenhang im Prozess aufzuzeigen. Vgl. dazu das Beispiel einer Auftragsabwicklung in [Staud 2006, S. 164ff, Abschnitt 6.2].

Für die Prozesserfassung hat dies die Konsequenz, dass die Ebene, auf der die Aufgaben (und damit dann auch die Tätigkeiten) betrachtet werden, ein subjektiver Faktor ist, der durch die Modellierer oder auch durch den Zweck der Modellierung festgelegt werden kann. Darauf wird in den entsprechenden Abschnitten immer wieder eingegangen.

Eine Lösung, die oft ausreicht, ist die der Standardprozessmodellierung (vgl. Kapitel 12). Diese erfasst das Handeln der Prozessträger in integrierter Form und lässt auch die Geschäftsobjekte, wie Rechnungen, Lieferscheine, usw., zusammen.

Subjektivität 2 - Länge von Geschäftsprozessen

Dieselbe Subjektivität liegt bezüglich der Länge von Geschäftsprozessen vor. Man kann z.B. die Auftragsabwicklung als Ganzes, als einen Geschäftsprozess betrachten - wie in [Staud 2006, Abschnitt 6.2] - oder seine einzelnen Abschnitte, also z.B. die Angebotserstellung, die Auftragsbearbeitung, die Materialbeschaffung, die Produktion, die Kalkulation, die Auslieferung, usw. Auch hier erfolgt die Festlegung nur durch denjenigen, der den Geschäftsprozess erfasst, bei der Modellierung dann durch die Modellierer oder den Zweck der Modellierung.

Einige Autoren versuchen diese Subjektivität zu überwinden, indem sie als "Grenzen" der Prozesse den Kunden definieren. Jeder Prozess soll beim Kunden beginnen und bei ihm enden (vgl. oben). Dies ist allerdings höchstens für Kernprozesse sinnvoll.

Automatisierung, IT-Abdeckung

Eine wichtige Eigenschaft von Prozessen oder Prozessabschnitten ist der Automatisierungsgrad. Damit ist der Anteil an der Aufgabenerfüllung gemeint, der ohne menschliches Zutun allein durch die Informationstechnologien erledigt wird. In vielen Bereichen strebt man nach einem möglichst hohen Automatisierungsgrad. Dort, wo es sich um stark standardisierte Abläufe mit einfachen Entscheidungsprozessen handelt, hat man dieses Ziel weitgehend erreicht. Ein einfaches Schema für diese Eigenschaft ist "voll automatisiert, teilweise automatisiert, nicht automatisiert". Dies betrifft inzwischen auch ganze Prozesse. Das Geschäftsmodell der Internet-Unternehmen beruht darauf, es wäre auf andere Weise auch nicht denkbar. Diese ständig zunehmende Automatisierung hat tiefgreifende Konsequenzen für das Geschäftsprozessmanagement. Dazu unten mehr.

Unterstützung oder Automatisierung

Geschäftsprozesse können durch die IT unterstützt werden oder sie können automatisiert sein (vgl. Kapitel 17, 18, 19). Der Unterschied ist folgender: Unterstützung meint, dass einzelne Abschnitte durch Programme realisiert werden. Automatisierung meint, dass alle Abschnitte durch Programme realisiert sind, evtl. auch Entscheidungsvorgänge. D.h., um einige einfache Beispiele anzuführen, die Nachbestellung für das Lager wird automatisch durchgeführt, die Kaufempfehlung beim Web-Anbieter automatisch generiert (weshalb sie uns oft zum Schmunzeln bringt) und auch der Umgang mit anscheinend zahlungsunwilligen Kunden wird ein ganzes Stück weit durch die Software gesteuert (vgl. hierzu das Prozessbeispiel Rechnung in [Staud 2019, Kapitel 13]).

Unterstützung der Abwicklung der Geschäftsprozesse durch Anwendungssoftware ist heute Standard, nur das Ausmaß ist unterschiedlich. Sind wirklich nur noch die Funktionen im Geschäftsprozess nicht IT-gestützt realisiert, die Entscheidungen darstellen, oder gibt es Abschnitte, die trotz der Möglichkeit der IT-Unterstützung diese nicht bekommen haben.

Alles in allem ist die IT-Abdeckung heute, v.a. seit der Etablierung prozessorientierter integrierter Standardsoftware (ERP-Software), sehr hoch.

Benötigte Produktionsfaktoren, Input und Output

Es wurde in der Definition angemerkt, für die Durchführung der Geschäftsprozesse werden Materialien und Ressourcen benötigt:

  • materielle bzw. technische Ressourcen wie Materialien, Zwischenprodukte, die IT, usw.
  • Rohstoffe
  • personelle Ressourcen
  • finanzielle Ressourcen

Diese werden für den Geschäftsprozess von externen und internen Lieferanten bereitgestellt.

IT-Ressourcen

Eine wichtige Ressource ist die IT-Landschaft der Organisation. Hierzu gehören:

  • Programme für den Kontrollfluss
  • Die verwendeten Daten bzw. Datenbanken. Denn die Zustandsänderungen des Systems sind die Änderungen des Datenbestandes, die sich aus der Leistungserbringung ergeben.
  • Die technischen Grundlagen der Objektflüsse (Objekte als Gegenstände der Leistungserbringung). Auch von Geschäftsobjekten, mit denen wir auch wieder die Daten und Datenbanken berühren, denn natürlich werden heute Geschäftsobjekte üblicherweise in der Unternehmensdatenbank abgespeichert.
  • Datenflüsse entlang der Geschäftsprozesse (z.B. Steuerungsinformationen) aber auch in den einzelnen Tätigkeiten. Vor allem auch unternehmensübergreifend - heute auf der Basis von Internet und XML.

2.4 Art der Problemlösung

Denken wir an Geschäftsprozesse, dann meist zuerst an Routineaufgaben, an standardisierte Vorgänge einfacherer Struktur. Dem ist aber, wie wir ja auch alle wissen, nicht so. Es gibt unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, unterschiedlich komplexe Aufgaben.

In Alpar/Alt/Bensberg wird, zurückgreifend auf [Simon 1957], der Problemlösungs- bzw. Entscheidungsprozess in folgende Phasen unterteilt:

1. Problemerkennung

2. Alternativengenerierung

3. Alternativenauswahl

4. Implementierung und

5. Kontrolle.

Vgl. [Alpar, Alt, Bensberg u.a. 2014, Pos. 580ff]. Dabei gibt es auch Rücksprünge, wie in der folgenden Abbildung angedeutet.


105

Abbildung 2.4-1:

Problemlösungsphasen nach [Simon 1957], zitiert nach [Alpar, Alt, Bensberg u.a. 2014, Pos. 592)

In der ersten Phase wird festgestellt, dass es ein zu lösendes Problem gibt, das sich in einer Diskrepanz zwischen dem wahrgenommenen Istzustand und dem angestrebten Sollzustand zeigt. Da eine frühe Erkennung eines Problems in vielen Fällen eine Voraussetzung für die rechtzeitige Lösung ist, kommt dieser Phase eine zentrale Bedeutung zu.

In der zweiten Phase werden Lösungsalternativen entwickelt. In der dritten Phase wird eine der Lösungen gewählt. Je nach Problemstruktur kann die eine oder andere Phase durch IT-Systeme unterstützt oder sogar automatisiert werden. Wenn ein Problem erkannt wurde, können Lösungsalternativen entwickelt werden.

In der Praxis (von IT-Systemen) muss dann eine getroffene Entscheidung auch umgesetzt (implementiert) werden. Danach wird geprüft, ob die mit der Entscheidung verfolgten Ziele auch erreicht werden. Anschließend ist zu kontrollieren, inwieweit die mit der Entscheidung verfolgten Ziele auch erreicht wurden. Diese Phasen können mehrfach durchlaufen werden, auch Rücksprünge sind möglich.

Probleme und Problemstrukturen

Aufbauend auf diesem Phasenmodell kann man nun Probleme (Aufgaben) danach unterscheiden, zu welchen Phasen die Aufgabenträger ein geeignetes Vorgehen kennen.

Als wohlstrukturiert wird ein Problem empfunden, wenn ein Entscheidungsträger zu jeder der Phasen ein geeignetes Vorgehen kennt. In einem solchen Fall ist es oft möglich, die Problemlösung zu automatisieren. Dies bedeutet, dass man eine Lösungsvorschrift festlegt, die auch von anderen (Menschen, Programmen, Maschinen) befolgt werden kann.

wohlstrukturiert

Als semistrukturiert gelten Probleme, bei denen für einige Phasen Lösungsansätze bekannt sind, für andere nicht. Geschäftsprozesse mit solchen Problemen können auf jeden Fall durch IT unterstützt werden, Automatisierung ist aber nur in einzelnen Prozessabschnitten möglich.

semistrukturiert

Als unstrukturiert wird ein Problem empfunden, wenn zu keiner der Phasen ein geeignetes Vorgehen bekannt ist. Solche Probleme entziehen sich der Automatisierung vollkommen. Unterstützung durch IT ist denkbar.

unstrukturiert

Die Einteilung des Strukturierungsgrads ist offensichtlich subjektiv. Die Verwendung von vielen Unterteilungen zwischen den genannten Extremen wäre möglich, ist aber nicht sinnvoll. Deswegen findet sich in der Literatur da auch nur eine Klasse: die der semistrukturierten Probleme.

Geschäftsprozesse mit durchgängig wohlstrukturierten Problemen sind leicht durchführbar, leicht durch Software unterstützbar und meist auch automatisierbar.

2.5 Art der Aufgabe

Es wurde oben schon angesprochen, in Zusammenhang mit der Automatisierbarkeit von Geschäftsprozessen und Geschäftsprozessabschnitten. Prozesse sind, was ihre innere Struktur angeht, unterschiedlich: mehr oder weniger "chaotisch", mit mehr oder weniger Entscheidungen, mit der Notwendigkeit von mehr oder weniger Wissensverarbeitung, usw. Dies rührt von der Unterschiedlichkeit der in einer Organisation zu lösenden Aufgaben her und hat unmittelbare Auswirkungen auf die Möglichkeiten zur IT-Unterstützung und Automatisierung.

Deshalb werfen wir hier nochmals einen Blick auf die oben eingeführte Managementpyramide (Abschnitt 2.1), jetzt aber mit dem Fokus auf die zu lösenden Aufgaben. In der Managementliteratur finden wir dazu die üblichen Einteilungen, wie sie die folgende Abbildung zeigt. Bzgl. der Managementaufgaben werden dabei eine obere, mittlere und untere Führungsebene unterschieden. Führungskräfte der unteren Ebene arbeiten unmittelbar mit den Personen auf Stellen ohne Führungsverantwortung zusammen, ihre Entscheidungen sind in der Regel detailliert, sachbezogen und konkret. Je höher die Führungsebene, desto größer ist der Entscheidungsspielraum sowie die Tragweite der zunehmend abstrakteren Entscheidungen. Wie oben schon ausgeführt, verkleinert sich von "unten nach oben" aufgrund des hierarchischen Aufbaus die Anzahl der Leitungsstellen auf einer Hierarchieebene, deshalb die Pyramidenform.

Managementpyramide

Hier ist diese Pyramide von Interesse, weil auf all diesen Ebenen Geschäftsprozesse stattfinden, allerdings von sehr unterschiedlicher Natur und weil sich Geschäftsprozessmanagement um all diese Geschäftsprozesse kümmern muss.

Geschäftsprozesse verlaufen natürlich auch über Ebenen hinweg. Dies wurde schon in Abbildung 2.1-1 angedeutet am Beispiel eines Prozesses, der sozusagen senkrecht verläuft, was aber nicht sein muss, es gibt durchaus auch Geschäftsprozesse, die sich im Bereich von 2 oder drei dieser Ebenen bewegen.


Abbildung 2.5-1:

Managementaufgaben

Wir werden nun etwas konkreter, indem wir diese Aufgaben auf konkrete Arbeitsbereiche (von Industrieunternehmen) herunterbrechen. Dabei hilft ein Blick "auf die Klassiker", die Ausführungen von Scheer und Mertens im Rahmen ihrer Texte zu Betrieblichen Anwendungssystemen (beispielhaft [Scheer 1997], [Mertens 2013]). Im Rahmen ihrer Analysen zu den in Unternehmen zu lösenden Aufgaben kamen sie zu der bekannten Einteilung nach der Art der betriebswirtschaftlichen Aufgabe, die sie für eine hierarchische Einteilung der betrieblichen Anwendungssysteme nutzten. Folgende Ebenen haben Scheer und Mertens dabei unterschieden [Anmerkung] (vgl. auch die folgende Abbildung):

  • Führungsaufgaben, langfristige Planung und Entscheidung
  • Analyseaufgaben
  • Kontroll-, Planungs-, Berichtsaufgaben
  • Wertorientierte Abrechnung
  • Operative Tätigkeiten (Administration, Disposition).

Damit können wir eine Einschätzung der Problemstruktur in diesen Arbeitsbereichen vornehmen und den möglichen Automatisierungsgrad abschätzen.

Zur Administration gehören die Verwaltung und Verarbeitung von Massendaten, z.B. die …

Administration

  • Berechnung der Entlohnung im Personalwesen
  • Buchführungsarbeiten in der Finanzbuchhaltung
  • Berechnung der Monats- und Jahresabschlüsse in der Finanzbuchhaltung
  • Kontoführung bei Kreditinstituten
  • Lagerbestandsführung im Handel

Prozesse können hier dahingehend optimiert werden, dass die Massendatenverarbeitung rationalisiert wird.

Administrationsaufgaben sollen vorhandene Abläufe und die Massendatenverarbeitung rationalisieren und Routineaufgaben bewältigen. Die Problemstruktur ist hier i.d.R. wohlstrukturiert.

Das Automatisierungspotential ist hier, da es sich um Routineabläufe handelt, sehr hoch.

Zur Disposition gehört die Steuerung kurzfristiger, gut strukturierter Abläufe innerhalb des Betriebs und die Vorbereitung kurzfristiger dispositiver Entscheidungen, vor allem auf der unteren und mittleren Führungsebene. Beispiele für damit zu erledigende Aufgaben sind die …

Disposition

  • (Plan-)Kalkulation in der Kostenrechnung
  • Außendienststeuerung im Vertrieb
  • Tourenplanung im Vertrieb
  • Materialbeschaffung in der Fertigung
  • Werkstattsteuerung in der Fertigung
  • Bestellwesen im Handel

Die Disposition bereitet menschliche Entscheidungen vor. Was die Vorbereitung angeht, ist die Problemstruktur wohlstrukturiert, die Entscheidungen sind dann zwischen semistrukturiert und unstrukturiert.

Das Automatisierungspotential ist hier, da es sich um Routineabläufe handelt, hoch. Evtl. werden auch Entscheidungsprozesse automatisch durchgeführt ("Nachbestellung einfacher Güter nach Lagerbestand, derzeitiger Nachfrage, usw.").

Wertorientierte Abrechnungsaufgaben begleiten die oben dargestellten mengenorientierten Prozesse. Sie machen die betriebswirtschaftlichen Konsequenzen sichtbar. Am Beispiel des Personalwesens kann man dies gut erläutern: Die operativen Systeme liefern die Daten zum täglichen Einsatz eines jeden Beschäftigten: Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Überstunden usw. Im Rahmen der wertorientierten Abrechnung wird daraus z.B. das Monatsgehalt berechnet.

Wertorientierte Abrechnung

Wertorientierte Abrechnungsaufgaben nehmen somit eine betriebswirtschaftliche Auswertung der mengenorientierten Daten aus den operativen Systemen vor.

Das Automatisierungspotential ist hier, da es sich meist um stark durchstrukturierte Abläufe handelt, sehr hoch. Hier liegen bereits IT-Lösungen vor.

Die Informationen für diese Aufgaben stammen aus den beiden unteren Ebenen. Sie werden hier für die entsprechenden Aufgaben verarbeitet. Das Berichtswesen deckt den Informationsbedarf für operative Entscheidungen. Es liefert z.B. periodische Berichte oder Signalberichte, die durch Soll/Ist-Abweichungen automatisch ausgelöst werden. Diese Funktionalität ist in modernen integrierten Softwarepaketen enthalten. Dazu erlauben die Berichtssysteme einfache Auswertungen von Dateien und Datenbanken sowie die Präsentation der Ergebnisse. Initiativ wird entweder der Nutzer oder das System (bei regelmäßig erzeugten Berichten).

Berichts-, Planungs- und Kontrollaufgaben

Das Automatisierungspotential im Berichtswesen ist, nach der Festlegung der Art der Berichte, sehr hoch.

Planungsaufgaben und -entscheidungen werden in der betrieblichen Leitungsebene realisiert. Hier liegen oft schlecht strukturierte Probleme vor. Ein Beispiel ist das Berechnen von Planalternativen und -varianten mit Hilfe von Modellrechnungen. In Betracht kommen dabei die …

  • Planung einzelner Unternehmensbereiche (z.B. Absatzplanung)
  • integrierte, bereichsübergreifende Planung (z.B. Produktionsprogrammplanung als Integration von Produktion und Vertrieb)
  • globale Unternehmensplanung

Das Automatisierungspotential ist hier niedrig. Planungsvorgänge können nur unterstützt werden (Erhebung und Verarbeitung von Informationen), die eigentliche Planung ist Sache der beteiligten Menschen [Anmerkung] .

Mit Kontrollaufgaben sind die zur Überwachung der Einhaltung der Pläne gemeint. Z.B. durch Soll/Ist-Vergleiche mit Hinweisen auf notwendige Korrekturmaßnahmen. Sie sind das Gegenstück zu den Planungsaufgaben. Die Kontrollaufgaben klären, wo spezielle Analysen und Abhilfemaßnahmen notwendig sind, z.B. bei der Kontrolle des Risikoportfolios in einer Versicherung.

Typisch für diese Ebene ist, dass die zu fällenden Entscheidungen langfristige, in der Regel schlecht strukturierte Aufgaben betreffen.

Ähnlich wie oben ist das Automatisierungspotential hier niedrig. Nur eingerichtete Kontrollprozesse können automatisiert ablaufen. Die eigentlichen Entscheidungen müssen Menschen fällen.

Die Hierarchie geht weiter. Als nächstes folgen die Analyseaufgaben. Für diese werden die Daten aus den operativen und den Abrechnungsaufgaben verdichtet, verwaltet und ausgewertet. Auch Daten aus externen Quellen werden einbezogen.

Analyseaufgaben, Langfristige Planung und Entscheidung

Die Spitze der Hierarchie stellt die langfristige Planung und Entscheidung dar. Hier erreichen die Daten, die von „unten“ (in dieser Hierarchie) geliefert werden, die höchste Verdichtungsstufe. Diese Aufgaben dienen der Entscheidungsvorbereitung für die oberste Führungsebene.


Abbildung 2.5-2:

Art der betriebswirtschaftlichen Aufgabe, Aufgaben im Unternehmen
Quelle: Managementpyramide inspiriert von [Scheer 1997, S. 5], [Mertens 2013, S. 19]

2.6 Wichtige Eigenschaften

Aus obigem lassen sich einige wichtige Eigenschaften von Prozessen ableiten. Zum Beispiel das Ausmaß der Prozessintegration. Mit ihr ist die Durchgängigkeit des Geschäftsprozesses über verschiedene traditionelle Organisationsbereiche, wie z.B. Beschaffung, Einkauf, Produktion, Verkauf, Rechnungs- und Personalwesen gemeint. Daneben natürlich, wenn auch erst seit einigen Jahren, die Durchgängigkeit über Unternehmensgrenzen hinweg.

Ausmaß der Prozessintegration

Diese Eigenschaft lässt sich klären, wenn man den Prozess an den Schnittstellen betrachtet. Die Abteilungsgrenzen sollten heute überhaupt keine Rolle mehr spielen, da typischerweise alle Prozessteilnehmer dieselbe integrierte prozessorientierte Software nutzen. An den Unternehmensgrenzen gibt es dagegen oft noch Probleme. Rechnungen und Lieferscheine können nicht direkt übernommen werden, die semantische Prozessintegration ist nicht gewährleistet, usw. Semantische Prozessintegration betrifft die Weitergabe von Informationsobjekten, meist zwischen verschiedenen Organisationen. Sie ist gegeben, wenn bei der Weitergabe nicht nur keine Medienbrüche auftreten, sondern wenn die Semantik des Informationsobjekts (Rechnung, Lieferschein, Koordinierungsinformation, …) beim Empfänger durch IT-Systeme erkannt wird. Daran wird zur Zeit in vielen Unternehmen im Rahmen des B2B [Anmerkung] gearbeitet.

Defizite in der Prozessintegration äußern sich auch durch Medienbrüche. Deren Anzahl und Ausmaß ist eine weitere wichtige Eigenschaft von Geschäftsprozessen. Gemeint ist die Situation, wenn ein Geschäftsobjekt von einem Prozessabschnitt zum nächsten nicht einfach weitergegeben werden kann, sondern neu erfasst oder umgearbeitet werden muss. Diese Defizite werden in der Prozesserfassung nicht unbedingt deutlich, weil da einfach dasselbe Geschäftsobjekt im nächsten Prozessabschnitt auftaucht. Es muss deutlich gemacht werden, u.a. durch eine Erfassung des Informationstransports.

Medienbrüche

Beispiele für Medienbrüche:

  • Ausgabe von weiterzugebender Information in der einen Software, händische Eingabe bei der nächsten.
  • Eingehende Information ("Auftragseingang") muss bearbeitet werden, um sie in die eigene Anwendungssoftware zu bringen.
  • Für eine Prognoserechnung können Informationen nicht in der Form bereitgestellt werden, in der sie benötigt werden

Im Kern ist es so: Muss dieselbe bereits erfasste Information nochmals erfasst werden, liegen Medienbrüche und damit ein Defizit in der Prozessintegration vor.

"Nochmalige Erfassung"

Eine weitere wichtige Eigenschaft ist das Ausmaß der Datenintegration, d.h. der Integration der Datenbestände, die für die einzelnen Tätigkeiten des Geschäftsprozesses benötigt werden. Auch sie ist von großer Bedeutung, da nichtintegrierte Datenbestände Reibungsverluste bedeuten. Konkret kann dies folgendes bedeuten: Daten zu einem Bereich, zu einer Aufgabe, für einen Geschäftsprozess …

Ausmaß der Datenintegration

… liegen in verschiedenen digitalen oder auch nicht-digitalen Datenbeständen vor, sind also zersplittert.

… liegen in verschiedenen Datenbeständen vor und sind nicht übereinstimmend (abweichende Artikeldaten, Adressen, usw.)

Eine Quelle für solche Defizite ist neben Datenbankinkompetenz und Schlamperei oftmals der Zusammenschluss von Organisationen ("Merging"). Dieser fordert ja auch den Zusammenschluss der IT-Systeme und damit der Datenbanken. Beides ist eine komplexe Aufgabe und wird oft nicht umfassend gelöst oder erst mit Verspätung. So entstehen dann Beiträge zur "Stammdatenkrise" (damit werden fehlerhafte Strukturen in den Unternehmensdatenbanken bezeichnet).

Stammdatenkrise

Dies ist ein ganz altes Thema, das schon Scheer in den ersten Auflagen seines Standardwerks (in 7. Auflage: [Scheer 1997]) beschäftigte und dass auch einer der Motivatoren für die Entwicklung der ERP-Software war, das Problem von heterogenen (nicht miteinander verknüpften) Datenbeständen, damals auch Dateninseln genannt. Es ist nicht verschwunden, sondern in neuer und veränderter Gestalt immer noch präsent, z.B. wenn Teile der IT in "die Cloud" verlagert werden oder wenn im Rahmen der Automatisierung von Geschäftsprozessenmittels Robotic Process Automation(RPA) Geschäftsprozesse verknüpft werden (vgl. Kapitel 19).

Wie erkennt man nun in der Prozesserfassung solche Defizite in der Datenintegration? Durch eine exakte Erfassung der Informationen, die bei den einzelnen Tätigkeiten erzeugt oder benutzt werden. Hier sollte, wenn genügend detailliert und genau untersucht wird, diese Zersplitterung aufgedeckt werden.

Die oben angesprochene Art der Problemlösung im jeweiligen Geschäftsprozess stellt eine weitere Eigenschaft dar. Wie sind die im Geschäftsprozess zu lösenden Aufgaben strukturiert? Insgesamt wohlstrukturiert, das sind die Prozesse, für die heute bereits IT-Systeme vorliegen. Oder weniger strukturiert. Vielleicht sogar mit kreativen Anteilen. Oder gänzlich unstrukturiert.

Komplexitäts- und Automatisierungsgrad

Eine weitere wichtige Eigenschaft ist der Umfang der Automatisierung, der Automatisierungsgrad, wie in Abschnitt 2.5 thematisiert. Er hängt mit der vorigen Eigenschaft zusammen. Der Trend zeigt hier ganz eindeutig in Richtung Ausdehnung der Automatisierung. Die Messung des Automatisierungsgrads gibt Hinweise auf Optimierungspotential. Unter Umständen können bisher nicht automatisierte Prozessabschnitte auch einer Automatisierung zugeführt werden.

Automatisierungsgrad

2.7 Geschäftsprozesse im Zeitalter der Digitalisierung

Das in der Überschrift genannte Thema wird hier an vielen Stellen thematisiert. Vgl. insbesondere Abschnitt 12.2 ("Basiselemente") und das Stichwort Digitalisierung im Stichwortverzeichnis. Hier nur ein paar einführende Anmerkungen:

Die Geschäftsprozesse, wie wir sie heute antreffen, sind auf vielfältige Weise durch Trends geprägt.

Beginnen wir mit dem Trend zu einer immer intensiveren Unterstützung der Geschäftsprozesse durch die IT. Schon früh (1970-er Jahre), nachdem die betrieblichen Abläufe als Geschäftsprozesse wahrgenommen wurden, setzten die Versuche ein, sie durch die IT (damals: EDV) zu unterstützen. Diese ständig zunehmende IT-Unterstützung (vgl. Kapitel 17) wurde zum Trend, der bis heute anhält.

IT-Unterstützung

Obiger Trend setzte sich fort bis zur automatisierten Abwicklung von Prozessabschnitten heute. "Automatisiert" meint "durch Programme" und evtl. auch Gerate/Hardware (Lagersysteme, Drohnen) realisiert. Dies wurde, aufgrund der technologischen Entwicklungen in Informatik und Computertechnik möglich. Konkret bedeutet dies, dass die Geschäftsprozesse in Software "gegossen sind", bis auf nicht automatisierbare Abschnitte, und dass die IT - heute meist auch über das Internet - die Geschäftsprozesse abwickelt. Vgl. dazu die Kapitel 19 und 20.

Automatisierung

Verstärkt wird der Automatisierungstrend durch die Entwicklung der sog. Künstlichen Intelligenz. Deren Ergebnisse wurden zunehmend für die Prozessunterstützung genutzt, so dass wir heute beim Kontakt mit Geschäftsprozessen nicht nur auf klassisch programmierte Programme und Softwareroboter stoßen, sondern auch auf KI-gestützte.

KI-Grenze

Zu den technologischen Entwicklungen mit großer Bedeutung für die Geschäftsprozesse zählt auch das Internet. Es wurde zu einem zentralen Medium für die Abwicklung der Geschäftsprozesse, auch aber nicht nur an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden (vgl. Kapitel 20).

Internet

Grundlage all dieser Bemühungen Richtung IT-Unterstützung und Automatisierung war eine immer detailliertere Erfassung und Modellierung der Geschäftsprozesse. Von einer punktuellen Erfassung wichtiger Prozessmeilensteine zu Beginn bis zur sehr detaillierten und umfassenden (u.U. auch systemnahen) Modellierung heute.

Immer detailliertere Erfassung

So kommt es, dass wir heute, wenn wir mit Geschäftsprozessen ungehen, so gut wie immer mit IT-Unterstützung arbeiten, oftmals das Internet nutzen und an einigen Stellen auf automatisierte Prozessabschnitte stoßen.