In diesem Kapitel arbeiten wir im Wesentlichen mit den unten zitierten Büchern von Gaitanides, Schmelzer/Sesselmann und Gadatsch.

10.1 Qualitätsmanagement

Mit Gaitanides kann Qualität in Geschäftsprozessen gleichgesetzt werden "mit der Erfüllung von (objektivierten) Anforderungen zur dauerhaften Kundenzufriedenheit" [Gaitanides 2012, S. 208]. Er weist darauf hin, dass eine hohe Qualität des Prozessoutputs "nur durch die Fehleranalyse und -beseitigung über die gesamte Prozesskette hinweg stabilisiert werden kann" [ebenda].

Die Bemühungen zur Verbesserung der Qualität von Geschäftsprozessen werden unter dem Begriff Qualitätsmanagement zusammengefasst. Dabei geht es in der Regel um Maßnahmen organisatorischer Art.

Definition

Die bekanntesten Qualitätsmanagementmodelle sind der

  • TQM-Ansatz, die
  • ISO 9001 und der sog.
  • kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP)

Messung der Prozessqualität

Bei der Messung der Prozessqualität spielt Benchmarking eine wichtige Rolle [Gaitanides 2012, S. 210]. Er erwähnt das Beispiel IBM, wo (zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Textes) jedem identifizierten Geschäftsprozess ein Ratingwert zugewiesen wurde, "der die Güte des Prozesses in 4 Rangstufen messen soll":

  • Stufe 4: Dafür genügt es, wenn der Prozess dokumentiert und im Unternehmen eingeführt ist.
  • Stufe 3: Diese Stufe erhält ein Prozess, wenn die „Qualität" bereits verbessert wurde.
  • Stufe 2: Für diese Stufe musste der Prozess einem Benchmarking unterzogen und weiter verbessert worden sein.
  • Stufe 1: Diese höchste Stufe erhält der Prozess, wenn die "Werte der
    Vergleichsentitäten übertroffen" wurden [ebenda]

Benchmarking

Gaitanides versteht unter Benchmarking den "Vergleich von Produkten und Prozessen mit internen oder externen Vergleichsobjekten (z. B. Abteilungen, Unternehmensbereiche oder Wettbewerber)". Für den Vergleich werden "Kategorien wie Kundenzufriedenheit, Prozesszeiten, Termintreue, Prozessqualität, Prozesskosten und Ressourceneinsatz als Objekte des Vergleichs vorgeschlagen." [Gaitanides 2012, S. 236]

Im Vordergrund des Benchmarkings steht also die Messung der Prozessqualität. Sie verfolgt üblicherweise die folgenden Ziele (vgl. hierzu [Gaitanides et al. 1994, S. 74]):

  • Reduzierung der Fehlerkorrekturkosten sowie der damit verbundenen Arbeitszeit
  • Behebung prozessualer Schwachstellen
  • Kundenzufriedenheit.

Zum Schwerpunkt der Qualitätsmessung führt Gaitanides aus:

"Schwerpunkt der Qualitätsmessung ist die Erfassung der Outputqualität, da die Inputqualität gleichzeitig die Outputqualität des vorgelagerten internen oder externen Lieferantenprozesses darstellt. Sie wird in der Regel durch Leistungsnachweise vom verantwortlichen Prozesseigner bzw. vom Lieferanten verifiziert." [Gaitanides 2012, S. 210]

Hier spielen die sog. Nahtstellen in den Geschäftsprozessen eine wichtige Rolle:

"Qualitätswerte können ausschließlich an den Prozessnahtstellen und nicht wie bei der Zeitmessung aus der Differenz zwischen Eingangs- und Ausgangsschnittstelle eines Geschäftsprozesses ermittelt werden."

Prozessnahtstellen

Zum Vorgehen führt Gaitanides aus:

"Im Vordergrund stehen prozessuale Aspekte, d.h. wie und in welcher Form Leistungsvereinbarungen mit internen Servicenehmern und Servicegebern bzw. externen Kunden und Lieferanten eingehalten werden. Wichtig ist die Definition einer Outputnorm, die neben der Fehlerdefinition das zu erreichende Qualitätsniveau eindeutig festlegt. Diese Outputnorm kann zusätzlich zu der mit den externen Kunden vereinbarten Leistung weitere Qualitätsaspekte beinhalten, z. B. die Anzahl tolerierter, fehlerhafter Rechnungen in der Auftragsabwicklung. Dieser Prozessleistungsparameter ist Bestandteil der Outputnorm, wird aber nicht Gegenstand einer Leistungsvereinbarung mit einem externen Kunden sein. Für Prozesse mit externem Kundenkontakt sind aus der Output-Norm drei Arten von Qualitätsindikatoren abzuleiten:

[Gaitanides 2012, S. 211]

  • Qualitätsanforderungen, die Bestandteil der Leistungsvereinbarung mit externen Kunden sind:
  • Qualitätsaspekte, die nicht in der Leistungsvereinbarung mit externen Kunden enthalten sind, deren Ergebnis aber einen maßgeblichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben, z. B. Rechnungsrichtigkeit,
  • Qualitätsergebnisse, die primär interne Kunden bzw. Servicenehmer tangieren.

Die Einteilung der Qualitätsindikatoren in diese drei Kategorien wird also jeweils von der Kundennähe des betreffenden Prozesses oder Subprozesses beeinflusst. Wichtig ist die Unterscheidung insbesondere dann, wenn die intern ermittelten Qualitätswerte mit den externen, d. h. aus Kundenumfragen gewonnenen Ergebnissen, überprüft werden sollen." [Gaitanides 2012, S. 211]

Methoden zur Messung der Prozessqualität

  • Six Sigma

Quellen: [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 432ff], [Gaitanides 2012, S. 211], [Gadatsch 2013, P. 1361]

Frage:

Beschreiben Sie die Methode Six Sigma, auch mit einem Beispiel

  • Total Quality Management (TQM)

TQM ist ein weitreichender Ansatz zur Qualitätssicherung. „T" steht für Total, gemeint ist das Einbeziehen aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie auch der Kunden und Lieferanten. „Q" steht für Quality, die Qualität der Arbeit, der Prozesse und des Unternehmens, aus denen heraus sich die Qualität der Produkte wie selbstverständlich ergeben soll. „M" steht für Management.

Gaitanides definiert wie folgt:

"Total Quality Management (TQM) bezeichnet einen ganzheitlichen Qualitätsansatz, dem eine Denk- und Handlungsweise zu Grunde liegt, die auf permanente Qualitätsverbesserung ausgerichtet ist. Ein hohes Qualitätsniveau kann nur durch eine entsprechende Koordination des gesamten Leistungsprozesses auf Basis von Kunden-Lieferanten-Beziehungen sowie einer funktionsübergreifenden Optimierung erreicht werden. Zum anderen müssen die Mitarbeiter durch Selbstkontrolle, Gruppenarbeit und entsprechende Leistungsanreize dazu motiviert werden, eine qualitativ hochwertige Prozessarbeit zu leisten. Das Qualitätsbewusstsein soll alle Geschäftsprozesse und Aktivitäten eines Unternehmens erfassen und zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) führen." [Gaitanides 2012, S. 210]

TQM eignet sich dabei sowohl für kleine und mittlere als auch für global agierende Konzerne.

Die Prinzipien des TQM lauten:

1. Neue Sichtweise verinnerlichen

2. Engagement der Geschäftsführung

3. Führungskräfteentwicklung

4. Mitarbeiterorientierung

5. Kundenorientierung

6. Lieferantenintegration

7. Strategische Ausrichtung auf Basis von Grundwerten und festem Unternehmenszweck

8. Ziele setzen und verfolgen

9. Präventive Maßnahmen der Qualitätssicherung

10. Ständige Verbesserung auf allen Ebenen - Kaizenanwenden, Prozessorientierung

11. Schlankes Management

12. Benchmarking

13. Qualitätscontrolling

  • Kaizen

[Gaitanides 2012, S. 210]: "Unter dem Begriff des Kaizenwird die systematische Ausschöpfung von Verbesserungspotentialen zu einem Bestandteil der Unternehmenskultur erhoben." In Deutschland wird Kaizen zumeist als KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) bezeichnet.

  • ISO 9001

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10.2 Performancesteigerung

Schmelzer und Sesselmann definieren Performancesteigerung wie folgt:

"Geschäftsprozessmanagement verfolgt das Ziel, die Performance (Effektivität + Effizienz) der Geschäftsprozesse nachhaltig zu steigern und damit das Erreichen der strategischen und operativen Unternehmensziele zu unterstützen. Es gibt zwei unterschiedliche Ansätze zur Performancesteigerung in Geschäftsprozessen: Prozesserneuerung (Revolution) und Prozessverbesserung (Evolution)." [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 407]

Ziel von GPM

Dies sind die klassischen Vorschläge. Seit der zunehmenden IT-Unterstützung und Automatisierung muss dies ergänzt/verändert werden. Vgl. dazu die Kapitel 20-22.

10.2.1 Prozesserneuerung / BPR

Prozesserneuerung hat als Methode klassisch das Business Process Reengineering (BPR). Dabei werden bestehende Geschäftsprozesse grundlegend verändert bzw. durch neue ersetzt. Aktuell sind hier v.a. die Bemühungen zu nennen, Geschäftsprozesse zu automatisieren. Vgl. Kapitel 19 und 20.

Vgl. Abbildung 9.1 in [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 407ff].

Schmelzer und Sesselmann beschreiben in Abschnitt 9.2 das klassische BPR. Hier einige Zitatstellen.

Zu den Ursachen:

"Starke und abrupte Veränderungen des unternehmerischen Umfeldes (z.B. Märkte, Wettbewerber, Partner, Kundenanforderungen, Technologien), tief greifende Änderungen der Unternehmensstrategie (z. B. Geschäftsmodell, Geschäftsfelder, Kernkompetenzen) oder gravierende Änderungen der Unternehmensstruktur (z.B. durch Zusammenschlüsse, Akquisitionen, Kooperationen) wie auch ein "Reorganisationsstau" können dazu führen, dass bisherige Geschäftsprozesse nicht mehr strategiekonform ausgerichtet und wettbewerbsfähig sind. In solchen Fällen kann es notwendig sein, Geschäftsprozesse grundlegend zu erneuern. Als Methode bietet sich dafür das Business Process Reengineering (BPR) an." [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 410f]

Zur Vorgehensweise:

"Business Reengineering bedeutet, altbekannte Vorgehensweisen aufzugeben und die Arbeit, die in den Produkten oder Dienstleistungen steckt, aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten sowie dem Kunden einen neuen Wert zu bieten (nach [Hammer und Champy 1995, S. 47]).

Wichtige Merkmale von BPR sind:

- Kunden- und Prozessfokussierung,

- fundamentales Überdenken aller Aufgaben und Abläufe,

- radikales Redesign aller Strukturen und Verfahrensweisen,

- Empowerment der Mitarbeiter,

- Nutzung der Möglichkeiten der Informationstechnologie,

- Quantensprünge der Prozessperformance (Kundenzufriedenheit, Prozesszeit, -qualität, -kosten)."

[Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 411]

Zum Aufwand:

"BPR verlangt große Anstrengungen, bindet erhebliche Personalressourcen, erfordert intensive Koordination und unterliegt einem hohen Erfolgsrisiko. Deshalb ist BPR auf Geschäftsprozesse zu beschränken, die hohe strategische Bedeutung besitzen und gleichzeitig strategische Risiken und gravierende Performancedefizite aufweisen. Treffen diese Voraussetzungen nicht zu, sollte den Methoden der kontinuierlichen Prozessverbesserung der Vorzug gegeben werden." [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 411]

Zur Rolle der Kernprozesse:

"Hohe strategische Bedeutung haben Kernprozesse, da sie maßgeblich den Aufbau und Ausbau von Kernkompetenzen beeinflussen. Strategische Risiken liegen vor, wenn notwendige Kernkompetenzen nicht ausreichend vorhanden oder gesichert sind. Gravierende Performancedefizite sind gegeben, wenn in einem Kernprozess die Diskrepanz zwischen Performanceziel und vorhandenem Performanceniveau so groß ist, dass sie durch kontinuierliche Prozessverbesserungen nicht beseitigt werden kann." [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 411]

Zur Einschätzung:

"BPR war in den 1990er-Jahren ein viel beachtetes Thema. Die hochgesteckten Erwartungen hat damals ein Großteil der BPR-Projekte nicht erfüllt." [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 412]

Soweit einige Ausführungen zu diesem Thema von Schmelzer/Sesselmann.

Gaitanides befasst sich auch mit den Phasen von Reengineering-Projekten. Er unterscheidet:

  • Prozessidentifikation
  • Prozessanalyse
  • Prozessdesign
  • Prozessimplementierung

[Gaitanides 2012, Kapitel 3]

Fragen:

[F10.3] Erarbeiten Sie sich, wie Gaitanides in [Gaitanides 2012, Kapitel 3] das "Prozesskonzept des Business Process Reengineering" sieht.

[F10.4] Welche Merkmale, Vor- und Nachteile charakterisieren das Business Pro- cess Reengineering?

10.2.2 Prozessverbesserung

Schmelzer/Sesselmann definieren Prozessverbesserungen wie folgt:

"Prozessverbesserungen beinhalten schrittweise Performancesteigerungen, um Zielabweichungen zu korrigieren und Performancedefizite auszugleichen. Die Geschäftsprozesse bleiben dabei in ihrer Grundstruktur erhalten. Prozessverbesserungen werden in Geschäftsprozessen kontinuierlich durchgeführt, beziehen viele Mitarbeiter ein und zeichnen sich durch geringes Umsetzungsrisiko aus. Sie stärken das organisationale Lernen und tragen zu einer permanenten Verbesserung der Problemlösungskompetenz der Organisation bei." [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 409]

Die in der Praxis angewandten Methoden der Prozessverbesserung sind:

  • Total Cycle Time (TCT)
  • Kaizen und
  • Six Sigma.

Frage:

Vergleichen Sie anhand von [Schmelzer und Sesselmann 2013, S. 408] die beiden Methoden Prozesserneuerung und Prozessverbesserung.